Unsere zweite Rundreise durch Quebec und Ontario fand exakt 10 Jahre, nachdem wir diese Gegend das erste Mal gesehen und einen Teil unserer Herzen dort verloren haben, statt. Fast für die Dauer der gesamten 3 Wochen war die Sonne unser Begleiter, wettermäßig kann die Zeit Ende Juli/Anfang August 2010 fast nicht mehr getoppt werden! Der Schwerpunkt lag dieses Mal auf der Provinz Quebec, wobei wir uns insgesamt viel Zeit gelassen und die Gaspé nicht noch zusätzlich mit aufgenommen haben. Auch der gebuchte Gabelflug hat dafür gesorgt, dass dieser Urlaub entspannt verlief. Wir fuhren unsere Tour wie folgt:
Montréal – Shawinigan (Mauricie Nationalpark) – Saguenay Fjord – Tadoussac – Quebec City – Lac Superieur (Mont Tremblant Park) – Ottawa – Algonquin Provincial Park – Toronto:
Wenn wir gute Freunde, die es beruflich in andere Gegenden gezogen hat, nach einiger Zeit wiedersehen, können wir immer wieder dort anknüpfen, wo wir beim letzten Treffen aufgehört hatten. Genauso erging es uns in Montréal. Ich hätte den Weg durch die Altstadt und zum Vieux Port auch mit geschlossenen Augen gefunden :-). Montréal hat etwas von allem: Einen quirligen Hafen, Altstadt mit Kopfsteinpflaster und vielen Pubs zum Einkehren, eine moderne Innenstadt mit Hochhäusern und den üblichen Einkaufsmöglichkeiten (wir sind völlig zufrieden, wenn es Roots und Chapters gibt), grüne Parks… Wir haben 3 Nächte dort verbracht und es nicht bereut. Wir wohnten mitten in der Altstadt im neu renovierten und als Hotel eröffneten, sehr stylischen „Le Petit Hotel“ – perfekte Lage, tolles Zimmer und Hammerfrühstück mit Croissants, Muffins und frisch gebackenem Brot, hjam! Nach der Wiederentdeckung bekannter Orte am ersten Abend ging es am nächsten Morgen hoch zum Mont Royal, um den Blick auf eine unserer beiden Lieblingsstädte zu genießen. Dabei begegneten wir vielen Einheimischen beim Joggen. Kurz nach der Aussichtsterrasse kamen wir an der Eichhörnchenwiese vorbei: Mindestens 30 Squirrels tobten dort durch das Gras, wir konnten uns gar nicht satt sehen! Danach machten wir die Innenstadt rings um die Rue St. Catherine unsicher – wir mussten ja die neue Kollektion von Roots prüfen und außerdem Lesefutter an Bord holen! Den Abend ließen wir in der Altstadt gemütlich in der Micro-Brewerie 3 Brasseurs ausklingen.
Am zweiten Tag war das Olympiagelände und der botanische Garten an der Reihe. Obwohl wir beim letzten Mal schon dort gewesen waren, hat uns der toll gepflegte und sehr große botanische Garten wieder sehr gut gefallen. Nach einem kleinen Picknick in der Sonne fuhren wir zurück ins Zentrum und faulenzten auf einer Bank am Hafen. Eigentlich war geplant, dass ich am Hafen endlich das tue, was ich vor 10 Jahren schon machen wollte – ein ferngesteuertes Boot auf dem Wasser fahren lassen. Aber das hat nicht geklappt, weil diese entweder defekt oder grad ausgeliehen waren. Okay, also dann das nächste Mal, denn natürlich kommen wir mal wieder nach Montréal! Den Abschluss des Tages bildete ein leckeres französisches Menü am Marché Bonsecours im Restaurant „Forget“, das wir schon auf unserer letzten Reise entdeckt hatten.
Hier holte uns kurzzeitig kurz vor der Abreise aus Montréal die Realität ein – nach einer wenn auch nicht unerwarteten, so doch sehr traurigen Nachricht von zuhause fiel es schwer, die Gedanken auf Urlaub zu fokussieren. Geholfen hat auch hier zumindest etwas die Weite und die großartige Natur in Kanada, die uns wieder in Gleichklang bringt und durch die wir uns lebendiger fühlen, als sonst im Alltag. Für Gedanken jeglicher philosophischer Art kein schlechter Ausgangspunkt – aber in diesem Fall hätte ich manches darum gegeben, doch daheim sein zu können.
Wir hatten uns als ersten Park den Mauricie Nationalpark in den Laurentides, einem Mittelgebirge und im Winter auch bekanntes Skigebiet, ausgesucht. Dieser Park ist vor allem zum Kanufahren ideal, es gibt eine Kanu-Mietstation am Lac Wapizagonke. Da wir von den Loons, also Eistauchern, die neben unserem Kanu (mit) geschwommen sind, und den sich bietenden Fotomöglichkeiten sehr gefesselt waren, sind wir mit dem Kanu nur auf dem See gepaddelt und haben den ursprünglichen Plan, am nördlichen Ende des Sees das Kanu zu „parken“, einen Trail zu Wasserfällen zu wandern und danach wieder über den See zurück zu paddeln, aufgegeben. Manchmal können wir echt spontan sein :-)! Als Wanderungen empfehlen wir die Trails Mekinac und Lac Gabet, wobei die Trails nicht so schön gepflegt waren wie später im Mont Tremblant Parc. Sie waren aber gut begehbar und haben uns zu schönen Aussichtspunkten geführt.
Highlight im Mauricie Park war für uns die geführte Schwarzbärenbeobachtungstour mit Eric, dem Vermieter unserer kleinen Wohnung im Holzhaus. Wir konnten zeitgleich 3 Bären beobachten und hatten schöne Gelegenheiten, Fotos zu machen. Einem Bären so nahe zu sein, nur durch die dünne Holzwand eines Beobachtungsstandes getrennt, war ein eindrucksvolles Erlebnis. Hier gab es dann das erste Mal auch – genau, Frühstück bei Tim Horton’s.
Unsere Tour führte uns weiter in die Einsamkeit über die Holzfällerstadt La Tuque am Lac St. Jean vorbei bis zum Saguenay Fjord. Der Saguenay Fjord hat uns landschaftlich nicht so sehr begeistert, vielleicht haben wir aber auch nicht die schönsten Aussichtspunkte angesteuert. Unsere Holzhausunterkunft im Wald nahe des Fjords war etwas spartanischer als zunächst gedacht. In der dritten Nacht waren wir dann auch beide davon überzeugt, dass wir ein Nagetier nicht nur außen auf dem Dach, sondern bei uns im Zimmer hatten. Eigentlich ist uns Wildlife am Tag zum Fotografieren lieber als nachts neben dem Bett :-). Spezialitäten der Gegend sind übrigens Blaubeeren, getaucht in helle und dunkle Schokolade ein besonderer Genuss. Und diese wollten wir selbst essen und nicht teilen :-)! Zur Unterkunft gehörte ein See, zu dem man über eine Schotterstraße hinhoppeln musste – die Kanutour auf dem See konnten wir danach aber sehr genießen.
Ein sehr hübsches Örtchen ist St. Rose du Nord, in dem wir auf der Weiterfahrt nach Tadoussac die schönen bunten Holzhäuser fotografiert und am kleinen Hafen dann doch noch einen schönen Fjordblick genossen haben.
Tadoussac gehört zu unseren besonderen Lieblingsorten. In „unserem“ Beluga Hotel bekamen wir ein tolles Zimmer mit separatem Eingang. Mittags nach der Ankunft liefen wir bei herrlichem Sonnenschein eine Tour über den Beobachtungspunkt Pointe de l’Islet – leider ohne Walsichtung – außerdem unternahmen wir einen langen Strandspaziergang inklusive intensiver Steinsuche. Auf der Waltour am nächsten Morgen mit dem Boot haben wir Belugas, Minkes, Fins und etwas weiter entfernt kurz einen Humpback (und damit auch die einzige Schwanzflosse, alle anderen zeigten nur den Rücken) beobachtet. Es war eine nette Tour, Digby Neck und Vancouver Island war hier für uns allerdings in früheren Urlauben persönlicher, da kleinere Boote und weniger Leute. Da wir die Morgentour gemacht haben, hat sich das Vorbuchen im Nachhinein als nicht nötig erwiesen, mittags war es aber recht voll. Das Wetter war nach der Tour zunächst etwas unbeständig. Nachmittags wurde es dann aber wieder besser, so dass wir nach einiger Faulenzzeit zur Walbeobachtung von Land aus aufbrachen: Wir waren am Cap de Bon Désir nördlich von Tadoussac in Les Bergeronnes. Kostet recht viel Eintritt, beinhaltet aber zugleich (was wir vorher nicht wussten) auch Eintritt zum Aussichtspunkt bei Les Escoumins und St. Catherine (Point Noire). Unsere Zeitplanung erwies sich hier im nachhinein als etwas ungeschickt, da wir am Cap de Bon Désir erst gegen 3 Uhr mittags waren, sonst wären wir sicher noch nach Les Escoumins weitergefahren. Wir waren dennoch erfolgreich und haben am Cap sehr nahe einen Minkwal gesehen, und ab und zu Blas etwas weiter draußen – auch Wale von Land aus zu beobachten ist am richtigen Punkt also durchaus empfehlenswert! Die Abende verbrachten wir im Café La Boheme, zwischen Einheimischen und Touristen bei leckerem Essen und toller Atmosphäre. Und der Schokoladenkuchen war so riesig schokoladig, dass es eine wahre Freude war!
Auf die Fahrt von Tadoussac nach Quebec City hatten wir uns besonders gefreut. Vor 10 Jahren war diese Route herrlich einsam gewesen. Dies hat sich inzwischen leider geändert. Es ist einiges an Bebauung dazu gekommen, zusätzlich ist die Strecke stark frequentiert. Kanadisches Einsamkeitsgefühl kam dabei nicht mehr auf! Wir besichtigten auf dem Weg die Wallfahrtskirche St. Anne de Beaupré und kamen dann nachmittags in Quebec City an. Unser Hotel Auberge Place d’Armes lag direkt in der Fußgängerzone, wir bekamen ein schönes Zimmer mit Blick auf das berühmte Chateau Frontenac. Danach erkundeten wir die Stadt und freuten uns, dass wir uns auch hier an vielen Ecken an unsere Reise vor 10 Jahren erinnern konnten: Chateau, Place Royale, Terrasse Dufferin, Rue de Petit Champlain – es war schön, sich einfach treiben zu lassen. Am nächsten Morgen hat es zunächst ein wenig geregnet – kein Problem, da wir sowieso ins Musée des Beaux Arts wollten, um die Ausstellung über die Kunst der Inuit zu sehen. Wir waren absolut begeistert und auch stolz – waren doch 4 Werke des Künstlers ausgestellt, von dem wir seit 2007 auch ein kleines Kunstwerk besitzen. Nach dem Museumsbesuch kam die Sommersonne hervor – gleich wurde es wieder herrlich warm. Erneut bummelten wir einfach durch die Stadt, ließen uns treiben und erfrischten uns mit einem leckeren Starbucks-Kaffee, die Zivilisation hat durchaus auch ihre guten Seiten :-)!
Quebec City bietet eine große Auswahl an tollen Essensmöglichkeiten: Im Restaurant Aux Anciens Canadiens gibt es ein nettes Lunchmenu (bis 17.45 Uhr), ist aber auch recht gut besucht, da es in vielen Reiseführern steht. Super lecker fanden wir das Menü im Feu Sacré, hier haben wir einen sehr schönen Abend bei netten Gesprächen verbracht.
Der Mont Tremblant Parc (ein Quebec National Park – also nichts anderes als ein Provincial Parc) ist ebenfalls ein sehr schöner Park in den Laurentides. Wir starteten den Tag mit 2 kürzeren Trails zu recht netten Wasserfällen, unterwegs haben wir sogar das erste Herbstlaub entdeckt. Als Indian Summer konnte man es jetzt nicht bezeichnen, aber es sah dennoch wunderschön in der Sommersonne aus! Danach hatten wir Lust auf eine kleine Kanutour auf dem See (Mietstation am Lac Monroe), auch dieses Mal hatten wir viel Glück und konnten nicht nur die klagenden Laute der Loons hören, sondern einen dieser wunderschönen Vögel mit Nachwuchs intensiv vom Boot aus beobachten. Nach einem kleinen Picknick zur Stärkung, das jeweils aus einem Eis bestand – ja, es war herrlich sommerlich warm – hat uns der Interpretive Trail „Lac aux Atocas“ noch eine tolle Tierbeobachtung von Rehmutter und Kitz gebracht. Ein perfekter Tag!
Wir bewohnten eine niedliche Ferienwohnung am Lac Supérieur mit Seezugang plus Kanu und privater Terrasse und haben uns dort selbst versorgt. Selbstgemachtes Frühstück mit echtem kanadischem Räucherlachs und Cranberry-Saft war auch mal eine nette Abwechslung!
Die verschiedenen Orte der Gemeinde Mont Tremblant haben uns leider alle nicht so zugesagt, insbesondere die neue Fußgängerstadt passt aus unserer Sicht gar nicht in die Gegend. Vielleicht sind diese im Winter als Skiorte netter…
Nach dem Frühsport, hier: kleine Kanurunde auf dem See bei unserer Unterkunft – ging es weiter nach Ottawa. Damit verließen wir nach 2 Wochen die französischsprachige Provinz Quebec und erreichten Ontario. Sprachbarrieren haben wir so gut wie keine erlebt, allerdings liegt uns die offenere Art der Menschen in Ontario etwas mehr als die doch etwas zugeknöpfteren Quebecer. Wir haben aber auch in Quebec supernette Menschen getroffen, mit denen wir uns toll unterhalten haben – zugegebenermaßen lieber auf englisch :-)! Unser Hotel in Ottawa lag ganz nahe am Parliament Hill und genau dahin zog es uns als erstes. Die kostenlose Parlamentsführung war superinteressant (ist es sehr peinlich, wenn man aufgrund der Menschenschlange beim Berlin-Besuch den Berliner Reichstag noch nie von innen gesehen hat, aber dafür das Kanadische Parlament, und sich sogar etwas mit den unterschiedlichen Häusern auskennt? Ach, was soll’s, sind wir halt peinlich!). Übrigens – auch den Supreme Court haben wir kurz vor Schließung unter Führung einer Law School Studentin besucht und ich durfte als „Frau vom Fach“ dann auch auf einem Richterstuhl Platz nehmen. Das hat man mir bisher weder im BGH noch im BVerfG angeboten :-). Im Supreme Court stehen doch tatsächlich Flachbildmonitore an den Plätzen der Anwälte für Recherchen während der Verhandlung. Ist Kanada nun cool oder was?
Zusätzlich zum Canadian Museum of Civilization, in dem wir auch dieses Mal einen halben Tag verbracht haben, ohne dass es eine Sekunde langweilig wurde, können wir noch die National Art Gallery empfehlen. Diese ist architektonisch auch von außen ein Kunstwerk, innen sahen wir schöne Bilder der Group of Seven. Abendessen-Hotspot in Ottawa ist der Byward Market, hier findet man zahlreiche Restaurants aus aller Herren Länder.
Nach diesem Stadterlebnis musste wieder ein Kontrast her, und das absolute Natur-Highlight hatten wir bewusst ans Ende der Reise gelegt. Drei volle Tage im Algonquin Provincial Park – traumhaft. Wir sind trotz des leider hier etwas durchwachseneren Wetters alle kürzeren Trails gelaufen und empfehlen insbesondere den Beaver Pond Trail (ja, wir haben 2 Biber gesehen!), den Spruce Bog und den Hardwood Lookout Trail. Da wir eine Cabin am See bewohnt haben, entspannten wir auch dort auf dem Porch, lasen, und genossen dabei einen traumhaften Seeblick. Wir legen jedem, der in diese Gegend kommt, die Hay Lake Lodge nahe Whitney, Westeingang besonders ans Herz. Es ist atemberaubend schön dort.
Zum Abschluss unserer Reise führte uns unser Weg in die Millionenstadt Toronto: Wir hatten liebe, ortskundige Hilfe und haben nur ein Minimalprogramm gemacht. CN Tower und Eaton Centre reicht uns einmal im Leben, das hatten wir schon. Nach einigem Pläneschmieden beschlossen wir, gemeinsam per Fähre auf die Toronto Islands zu fahren – belohnt wurden wir mit einem Hammerblick auf die Skyline, so dass tolle Fotos entstehen konnten. Gut gefallen hat uns die Art Gallery of Ontario (auch ein sehr interessantes Gebäude). Ansonsten ist mir Toronto viel zu groß, wenn ich die vielspurigen Highways schon sehe…
Zum Urlaubsabschluss noch ein Einkaufsbummel durch eine große Shoppingmall und dann war es auch schon Zeit, zum Flughafen aufzubrechen und das Auto abzugeben. Die 3 Wochen waren sehr erholsam und stressfrei verlaufen, so dass die Tourenführung so jederzeit empfohlen werden kann. Lediglich der Saguenay-Fjord ist für uns kein Ziel, das zwingend mit eingebaut werden muss. Hier wäre gegebenenfalls eine Streckenführung über einen anderen Park in den Laurentides eine Alternative.
Ich weiß übrigens immer noch nicht, ob mir nun eigentlich eine Reise im Osten mit den zahlreichen Kontrasten zwischen Stadt und Natur, oder eine fast reine Naturerlebnisreise im Westen Kanadas besser gefällt. Zum Glück muss ich mich ja hier nicht entscheiden. Und nächstes Jahr fliegen wir – yeah, in den Westen. War doch klar, oder ;-)?
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